Doomscrolling: Warum du damit aufhören solltest und welche Tricks dir dabei helfen

Eigentlich wolltest du nur Headlines überfliegen und jetzt liest du zwanghaft eine negative Meldung nach der anderen. Klingt vertraut? Die schlechte Nachricht: Doomscrolling kann gesundheitsschädlich sein. Die gute Nachricht: Du kannst etwas dagegen tun. Deshalb erfährst du hier, wie du deine Zeit endlich wieder besser nutzen kannst.

Die Vorlesung ist heute besonders monoton. Auf dem Smartphone ploppt eine Eilmeldung zum russischen Angriffskrieg auf. Du klickst dich von Artikel zu Artikel, deine Laune wird schlechter. Wenn du jetzt nicht aufhörst, hast du nicht nur die klausurrelevanten Inhalte verpasst. Vielleicht fragst du dich dann auch, warum du in dieser weltpolitischen Lage eigentlich überhaupt noch studie…. – Stopp! Diese Gedankengänge sind die Folge deines zeitfressenden Doomscrollings und sie helfen kein Stück weiter.

Wie Doomscrolling funktioniert oder: Die Sucht nach schlechten Nachrichten

Beginnen wir bei den Grundlagen. „Doomscrolling“ ist ein Neologismus aus den Begriffen „doom“, was mit „Verdammnis“ oder „Untergang“ übersetzt werden kann, und „scrolling“, also der Bewegung der Computermaus oder des Daumens zur Aktualisierung von Inhalten. Pointierter drückt es urbandictionary aus: „Obsessively reading social media posts about how utterly fucked we are.

Aber warum tun wir das? Die Forschung zeigt, dass wir in Krisensituationen mehr Nachrichten konsumieren. Laut der kalifornischen Psychotherapeutin Cecille Ahrens sind dafür evolutionäre Mechanismen verantwortlich: Unser Gehirn sei noch immer darauf gepolt, Gefahren vorauszuahnen. Nachrichtenkonsum hilft uns dabei, uns sicherer und handlungsfähig zu fühlen. Wenn diese Meldungen starke negative Emotionen auslösen, kann dieses Gefühl kippen. Es entsteht ein Teufelskreis aus zwanghaftem Scrolling und negativer Stimmung.

Nachrichtenportale, Journalist*innen und Medien spielen dabei eine wichtige Rolle. Denn je nach Formulierung (man spricht auch von Framing) beeinflusst eine Nachricht unsere Stimmung und unsere Handlungen. Das Problem: Meldungen, die starke Emotionen hervorrufen, verbreiten sich in den Sozialen Medien deutlich besser und für negative Meldungen sind wir besonders empfänglich. Da Aufmerksamkeit eine der wichtigsten Onlinewährungen ist, liegt es im Interesse von Unternehmen und Medien, diese möglichst lang zu halten.

Die negative Psychologie hinter Doomscrolling

So viel zu den Basics. Und warum genau fühlen wir uns immer schlechter? Schließlich kennt die Psychologie auch den umgekehrten Effekt: Die sogenannte „Undoing Hypothesis“ besagt, dass negative Ereignisse auch positive Emotionen befördern – quasi als Gegengewicht. Vielleicht erinnerst du dich noch an die unglaubliche gesellschaftliche Solidarität zu Beginn der Corona-Pandemie?

Seit COVID-19 wird Doomscrolling intensiv erforscht, deshalb hier ein kurzer Überblick: Der Konsum negativer Nachrichten setzt Stresshormone frei. Doomscrolling kann Pessimismus und Ängste verstärken  – bis hin zur Depression. Die Symptome ähneln teilweise sogar denen der posttraumatischen Belastungsstörung. Und: Wer bereits mit psychischen Problemen zu tun hat, ist besonders gefährdet.

Abgesehen von den möglichen psychischen Effekten, die natürlich nicht in jedem Fall eintreffen müssen:  Bereits die Tatsache, dass Doomscrolling ein unglaublicher Zeitfresser ist, sollte ausreichen. Schließlich kannst du die Zeit für Studium, Erholung und Socializing dringend gebrauchen. Wer möchte schon die Person sein, die in der Kneipe ständig aufs Handy schaut und die besten Witze verpasst?

Good News: Sag‘ Doomscrolling den Kampf an!

So viele schlechte Nachrichten ausgerechnet in diesem Artikel? Das musste leider sein, denn nur gute Nachrichten würden uns auch kein vollständiges Bild liefern. Jetzt geht es aber an die Lösungen. Dein Ziel lautet: Nachrichten konstruktiv lesen und Doomscrolling vermeiden. Zuerst einige generelle Strategien:

  • Zeitbegrenzung: Statt ohne Zeitlimit zu scrollen, kannst du dir bewusst ein- oder mehrmals am Tag die Zeit für Nachrichten nehmen: Nutz‘ die Dauer der Bahnfahrt zur Uni, schau die Tagesschau, stell dir einen Timer von 15 Minuten.
  • Selbstkontrolle: Du nimmst die Informationen gerade nicht mehr überlegt auf, sondern wirst unruhig? Dann: Finger vom Handy, Pause einlegen oder zumindest ein süßes Katzenvideo schauen.
  • Dem Bias begegnen: Achte auch auf die positiven Headlines, die dir beim Scrollen begegnen. In einem weiteren Land wurde die gleichgeschlechtliche Ehe legalisiert, ein ausgestorben geglaubtes Tier wurde gesichtet? Großartig!
  • Digital Detox: Nimm dir bewusst Handy-Auszeiten. Hier findest du einige Tipps. Nicht schummeln!
  • Hol‘ dir Hilfe: Du musst nicht alles mit dir selbst ausmachen. Wenn du überfordert bist und es dir nicht gut geht, wende dich an die Telefonseelsorge oder die Deutsche Depressionshilfe. An den meisten Unis gibt es auch eine psychosoziale Beratungsstelle.

Brünette Frau sagt nein zum Smartphone

Außerdem können dir diese Tools beim Kampf gegen Doomscrolling helfen:

  • Virtuelle Bäume: Forest ( hat schon manche Hausarbeit gerettet, denn die App zwingt dich zum kalten Handyentzug. In einem von dir eingegebenen Zeitraum wächst auf dem eingabegesperrten Bildschirm ein Baum und du sammelst Punkte, mit denen du weitere Baumarten freischalten kannst.
  • Mahnender Zeigefinger: Der Doomscrolling Reminder Bot erinnert dich auf Twitter regelmäßig daran, Sinnvolleres zu tun.
  • Eine Dosis guter Nachrichten: Good News ist eine App, die von Montag bis Freitag die aktuellsten guten Nachrichten zusammenstellt.
  • Squirrel News: Die App funktioniert ähnlich wie Good News und außerdem hat sie ein niedliches Eichhörnchenlogo!
  • Newsfeed mal anders: Auch die großen Tageszeitungen haben mittlerweile oft eigene positive Newsfeeds – beispielsweise die Süddeutsche Zeitung.

Bestes Mittel gegen schlechte Nachrichten: Du!

Eines der besten Mittel gegen Hoffnungslosigkeit in Zeiten der Krise haben wir uns bis zum Schluss aufgehoben: Angst kann passiv machen, aber Wut kann produktiv genutzt werden. Dich trifft eine bestimmte Nachricht besonders, macht dich hilflos? Wechsel‘ den Blickwinkel. Welche Headline zu diesem Thema würdest du lieber lesen? Und: Kannst du dich aktiv einbringen, um an dieser künftigen Headline mitzuwirken?

Ehrenamtliches und politisches Engagement ist wichtiger denn je. Schlechte Nachrichten auszublenden, mag kurzfristig helfen, aber langfristig bist du gefragt! Die zunehmende Obdachlosigkeit macht dir Sorgen? Frag‘ doch mal bei der lokalen Obdachlosenhilfe, wie du dich engagieren kannst. Altersarmut macht dir Angst? Die lokale Tafel freut sich über deine Unterstützung. Und wie beruhigend ein warmer Katzenbauch sein kann, verstehst du am besten als ehrenamtliche Katzen-Kraul-Kraft im Tierheim.

Egal, wie schlecht die Nachrichten heute wieder sind: Du kannst aktiv werden. Your anger is a gift!

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