Egal ob du im Seminar sitzt, mit der WG kochst oder die Familie zu Weihnachten besuchst – soziale Interaktionen bieten immer Potenzial für Unstimmigkeiten und Konflikte. Kritik und Feedback, die konstruktiv und nützlich sind, können dich davor bewahren, dass eine Situation eskaliert und du dein Gegenüber verletzt. Wie das gelingt, verraten wir dir im Artikel.
Warum ist Kritik so wichtig?
So hart es auch klingen mag – ohne Rückmeldungen sind Entwicklungen schlichtweg nicht möglich. Das gilt in gesellschaftlichen als auch in individuellen Zusammenhängen. Und in manchen Bereichen ist Kritik unumgänglich. Ob auf der Arbeit, der Uni oder in der Beziehung. Wir werden täglich kritisiert und kritisieren andere. Das ist nicht nur okay, sondern ein wichtiger Bestandteil des Menschen als soziales Wesen.
Richtig kritisieren zu können hilft dir jedoch nicht nur, wenn du selbst Kritik ausübst. Es hilft dir auch, auf Kritik zu reagieren und dein Gegenüber bitten, das Feedback so anzupassen, dass es bei dir keine negativen Gefühle auslöst.
Kritik bekommen
Manchmal passieren uns Fehler oder wir wählen kompliziertere Vorgehensweisen also notwendig, ohne das uns das auffällt. Durch Feedback haben wir die Chance, das zu erkennen, unser Verhalten zu verändern und daraus für die Zukunft zu lernen.
Kritik geben
Andersherum betrachtet ist Feedback geben ein mutiger Akt, bei dem man sich in Ehrlichkeit übt und lernt, die eigenen Werte zu vertreten. Außerdem geben wir damit anderen die Chance, sich zu verbessern.
Richtig kritisieren: Was gilt es zu beachten?
Um konstruktiv zu kritisieren, gibt es ein paar grundlegende Dinge zu beachten und das Geben und Annehmen von Feedback zu üben. Du darfst also geduldig mit dir sein, wenn du mal versehentlich jemanden vor den Kopf stößt oder cholerisch wirst, weil deine Präsentation nicht gut ankam.
Anhand des folgenden Fallbeispiels „Mitbewohner Tim ist unordentlich im Bad“ erläutern wir dir die No Gos und Gos Tos des Kritisierens.
No Gos
- Ärger aufstauen: Das passiert oft, wenn wir nicht direkt die Dinge ansprechen, die uns stören, sodass sie sich häufen. Sprich lieber zeitnah an, wenn dir etwas nicht behagt. Zum Beispiel die Unordnung im Bad von Mitbewohner Tim.
- Generalisierung: Dinge, die stören, sollten so konkret und klar wie möglich formuliert werden. Statt Tim zu sagen, dass er das Bad unordentlich hinterlässt, versteht er dich besser, wenn du ihm sagst, was du genau unordentlich findest. Haare in der Dusche, voller Mülleimer, dreckiges Klo etc.
- Vorwürfe: Bei emotional geladenen Anschuldigungen und Vorwürfen macht jede*r dicht. Statt Tim vorzuwerfen, er sei immer unordentlich im Bad, hört er dir eher zu, wenn du ihm ruhig mitteilst, was dich stört und wie es dir dabei geht.
Kritik auszusprechen kann dich sehr viel Überwindung kosten. Es liegt halt nicht jedem, anderen irgendwas vorzuschreiben. Dauerhaft unausgesprochene Kritik kann sich jedoch schnell in Frust & Ärger verwandeln und eine Beziehung beschädigen. Daher: Lieber raus mit der Sprache - aber richtig!
Go Tos
Für ein konstruktives Feedback ist es gut, ein Problem explizit und konkret anzusprechen. Probleme sollten bestenfalls einzeln abgearbeitet werden, ohne mehrere Sachen nachzuschieben. Dinge, die dich stören, sprichst du am besten direkt an.
- Vorschläge: Hilfreich ist es für Tim, wenn du ihm Vorschläge machst, wie er sich verbessern kann.
- Körpersprache: Ton, Gestik und Mimik und Wortwahl haben eine starke Wirkung. Zum Beispiel löst ein aggressiver Ton oder ein böses Gesicht bei Tim eher aus, das er keinen Bock hat, dir zuzuhören. Und damit steht Tim ganz bestimmt nicht alleine dar. 😉
- Positives ansprechen: Nicht nur ein freundliches Gesicht, sondern auch Lob machen den anderen, also Tim, offener für Kritik.
- Methode Kritik-Burger: Hierbei gibst du erst ein positives, dann ein negatives und abschließend wieder ein positives Feedback. Durch die positiven Rückmeldungen wird die Kritik von Tim besser aufgenommen. Man geht jedoch die Gefahr ein, das Gegenüber etwas ratlos zurückzulassen. Der Kritik-Burger eignet sich also nicht immer für konstruktive Kritik. Manches Feedback muss einfach nicht in Wolle gepackt werden. Dein empathisches Feingefühl ist gefragt!
Step-by-Step Anleitung zum richtigen Kritisieren
Ob im Seminar, beim Kochen oder zu Weihnachten – wir stellen dir den ultimativen Kritik-Guide bereit:
- Mit dem Positiven beginnen: Das Gespräch mit einer positiven Rückmeldung starten. Dieser „Türöffner“ macht dein Gegenüber offener für die folgende Kritik.
- Eigene Wahrnehmung vermitteln: Formuliere deine Kritik mit „Ich“- statt „Du“-Formulierungen. Beschreibe deine eigene Wahrnehmung und deine persönliche Einschätzung der Situation oder des Verhaltens.
- Wirkung schildern: Teile deinem Gegenüber auch mit, wie ihr/sein Verhalten auf dich wirkt und wie es dir damit geht.
- Konkret sein: Versuche in deiner Rückmeldung so klar und konkret wie möglich zu sein, damit dein Gegenüber gut nachvollziehen kann, worum es dir geht.
- Gegenüber antworten lassen: Es ist superwichtig auch zuzuhören, wenn dein Gegenüber etwas zu sagen hat. Vielleicht hat er/sie sogar Argumente, die das Verhalten rechtfertigen und die du nicht bedacht hast. Gib dem Gespräch Zeit.
- Positiver Abschluss: Versuche für dein Feedback einen positiven Abschluss zu finden. Das können Lob oder Ermutigungen sein. Dies erleichtert dem anderen das Annehmen der Kritik und stärken eure Beziehung für die Zukunft.
- Auf die Zukunft fokussieren: Kritik kostet für beide Seiten viel Energie. Darum ist es hilfreich, dir die langfristigen positiven Konsequenzen vor Augen zu führen und die kurzfristigen, unangenehmen Gefühle eines Feedbackgesprächs dafür in Kauf zu nehmen.
- Selbstbewusst und ruhig: Versuche, in Konflikten ruhig zu bleiben und nicht zu schnell emotional zu werden. Über die Körpersprache und die Lautstärke deiner Stimme kannst du in Konflikten die Reaktion deines Gegenübers stark beeinflussen.
Richtige Kritik kann Menschen mit ADHS übrigens besonders schwer fallen – sowohl aktiv als auch passiv. Die Gründe dafür liegen in deinem besonderen Gehirn. Und wenn du schon so fleißig an dir arbeitest, kannst du ja auch mal an DEINEN schlechten Gewohnheiten arbeiten.