Sexuelle Belästigung an Karneval – so kannst du dich schützen

Es ist wieder soweit-Ausgelassene Stimmung, wilde Kostüme und jeden Menge Alkohol versprechen eine lustige Karnevalszeit.

Trotzdem sind Gewalt und sexuelle Übergriffe an Karneval keine Seltenheit. Viele Übergriffe passieren subtil und werden von Opfern aus Angst, Scham oder Unwissen über die eigenen Rechte nicht zur Anzeige gebracht. Alles, was nicht okay ist und Tipps, wie du dich vor sexuellen Übergriffen schützt, erfährst du im Artikel.

Allgemeine Situation

Zu Karneval tummeln sich unzählige Menschen auf den Straßen, in Kneipen und in Sitzungssälen. Diese großen Menschenmengen in Kombination mit einem erhöhten Alkoholkonsum lassen ein Risiko für Delikte wie Diebstähle, Schlägereien oder sexuelle Übergriffe ansteigen.

Statt auf einzelne Täter hat es die Polizei vermehrt mit Tätergruppen zu tun, denen sich Opfer nur schwer entziehen können. Zudem gehen sexuelle Übergriffe an Karneval häufig mit anderen Delikten wie Diebstählen einher.

Laut Mainzer Polizei haben Straftaten an Karneval aber nicht zugenommen, sie verbreiten sich lediglich schneller über sozialen Medien. Dadurch erlangen sie mehr Sichtbarkeit. Das ist auch gut so, denn so geben wir den Opfern ein Gesicht und eine Stimme und können über sexuelle Übergriffe aufklären und in den Aktivismus gehen. Positiv ist auch, dass Opfergruppen besser für Belästigungen sensibilisiert sind, sodass die Straftaten häufiger zur Anzeige gebracht werden.

Alkohol

Die erhöhte Anzahl der Delikte zur Karnevalszeit ist vor allem auf den übermäßigen Alkoholkonsum zurückzuführen. Laut Polizei ist er die verheerendste Karnevalsdroge. Die Wirkung von Alkohol kann von Tag zu Tag unterschiedlich sein und hängt auch mit anderen Einflussfaktoren wie der eigenen psychischen und körperlichen Verfassung zusammen. Grade im betrunkenen Zustand geraten Opfer in hilflose Lagen, die von Tätern ausgenutzt werden. Verlass dich deshalb an Karneval lieber auf Alkohol, den du kennst und von dem du weißt, dass du ihn verträgst und vermeide es, deine Getränke zu Mischen

K.O.-Tropfen

Neben Alkohol sind K.O.-Tropfen ein weiteres Rauschmittel, das mit Sexualdelikten zu Karneval in Verbindung gebracht wird. Diese sind geschmacksneutral und können unbemerkt in Getränke wandern. Die typischste körperliche Reaktion ist ein allgemeines Unwohlsein. Wenn du dich unwohl fühlst, wende dich an eine Vertrauensperson und geh nicht alleine nach Hause.

Was ist sexuelle Belästigung?

Sexuelle Belästigung ist eine spezifische Form der Belästigung und eine Form von Diskriminierung. Ein einseitiges und unerwünschtes sexuelles Verhalten, welches das Opfer in seiner*ihrer Würde verletzt, kennzeichnet solche Handlungen.

Die Belästigung wird vom Opfer als respektlos und grenzüberschreitend empfunden. Es handelt sich dabei nie um eine Interaktion mit der beide einverstanden sind, sondern stets um eine Machtausübung und einen Kontrollmissbrauch. Entscheidend ist im Falle einer sexuellen Belästigung, wie die Handlung vom Opfer empfunden wird. Empfindest du eine sexuelle Handlung als unangenehm und bist mit dieser nicht einverstanden, handelt es sich um übergriffliches Verhalten.

Wer kann von sexueller Belästigung betroffen sein?

Jede*r kann Opfer von sexueller Belästigung sein. Vorwiegend sind zwar Frauen betroffen, aber auch Männer und Personen, die ihr Geschlecht in keiner der beiden Kategorien verorten, werden sexuell belästigt. Die Täter sind laut Kriminalstatistik vorwiegend Männer, aber auch zu den Tätern zählen Personen jeden Geschlechts.

Sexualisierte Belästigung vorbeugen

Jede Person hat persönliche und individuelle Grenzen, die es zu respektieren gilt. Um sicherzugehen, dass deine Grenzen nicht verletzt werden, gilt es sie zu kennen und selbstbewusst und klar zu kommunizieren. Um dein Gegenüber nicht zu verletzten, ist es immer wichtig, vor jeder sexuellen Handlung nach dessen Zustimmung zu fragen. Zustimmung bedeutet auch, dass ein „nein“ respektiert werden kann. Jede Handlung, der klar und deutlich zugestimmt wird, ist keine sexuelle Belästigung.

Tipps, die dich vor Übergriffen schützen

Viele Opfer sexueller Übergriffe schämen sich, schweigen und wissen nicht, wie sie sich wehren können. Damit du für den Notfall vorbereitet bist, haben wir sieben Tipps, die dich an Karneval vor Belästigung schützen.

Grundsätzlich gilt: Scham und Schuld ade

Bevor wir uns den Tipps zuwenden, gilt es, dass du dir bewusst machst, dass Scham- und Schuldgefühle nach einer körperlichen oder verbalen Belästigung völlig fehl am Platz sind. Du trägst keine Schuld an einem Vergehen gegen dich, egal ob du betrunken warst oder ein sexualisierendes Kostüm getragen hast. Gleiches gilt für Scham. Sie ist eigentlich ein gesunder Schutzreflex, der dir zeigt, dass eine persönliche Grenze von dir überschritten wurde. Sexuelle Belästigung oder Missbrauch verletzen diese Grenze ganz eindeutig.

Tipp 1: Körperhaltung

Eine selbstbewusste und aufrechte Körperhaltung macht dich größer und strahlt Stärke aus, die dich vor blöden Anmachen schützt. Wenn dir eine Person auf eine unangenehme Art begegnet, achte bewusst auf eine grade Haltung, mit der du dich sicher und standhaft auf deinen Beinen fühlst. Wenn du deine Schultern zurückziehst und dein Kinn hebst, machst du dich größer. Eine solche Körperhaltung kann einschüchtern und dein Selbstbewusstsein stärken.

Tipp 2: laut „Nein“ sagen

In einer Situation, bei der deine persönlichen Grenzen verletzt werden, solltest du im Moment reagieren und deutlich äußern, was du NICHT willst. Durch lautes und klares „Nein, das will ich nicht“ Sagen, schüchterst du zum einen die andere Person ein und machst Umstehende auf dich aufmerksam. Ebenso wirkt die Abgrenzung durch ein lautes „STOPP!“ Rufen und das direkte Ansprechen einer unterstützenden Person, die sich grade in deiner Nähe befindet.

Tipp 3: Empfindungen ernst nehmen

In grenzwertigen Situationen, bei denen du unsicher bist, wann und ob etwas sexuelle Belästigung ist, solltest du dich auf deine Empfindungen besinnen und nach deinem Gefühl handeln. Nimm dich ernst und akzeptiere deine Wahrnehmungen, wenn dir etwas unangenehm vorkommt. Auch dann, wenn du damit vielleicht auf das Unverständnis anderer stößt.
Tipp 4: Grenzen kommunizieren

Man kann es nicht oft genug wiederholen-Nein heißt Nein. Was ohne beidseitige Zustimmung geschieht, ist sexualisierte Gewalt oder Belästigung. Es ist wichtig, dass du deine eigenen Grenzen in brenzligen Situationen sicht- und hörbar machen kannst. Äußere dabei klar und deutlich, was Unterlassen werden soll und kommuniziere das höflich, aber bestimmend.

An Karneval gilt es zu bedenken, dass sexuelle Übergriffe häufig von betrunkenen Personen ausgehen, mit denen Streitsituationen besser vermieden werden sollten. Außerdem ist es nicht immer leicht, Grenzen zu setzen. Darum gilt auch hier – such dir unter den Karnevalsgänger*innen Unterstützung.

Tipp 5: an Vertrauensperson wenden

Veranstaltungsorte an Karneval sind voll von Menschen, unter denen du dir in heiklen Situationen Verbündete suchen kannst, wenn deine Begleitung grade nicht in Reichweite ist. Viele Personen und vor allem Frauen sind schon Opfer sexueller Belästigung gewesen und teilen Erfahrungen von übergrifflichem Verhalten. Opfer können bei Belästigung an Karneval zur gegenseitigen Unterstützung und zum Austausch füreinander da sein. Hab also keine Skrupel, Unbekannte anzusprechen, zumal Menschen eher eingreifen, wenn sie sich angesprochen fühlen.

Tipp 6: Vorfall melden

Ruf bei akuter Bedrohung und wenn du Zeugin solcher bist unbedingt die 110 der Polizei und bring die Straftat bei einer Polizeidienststelle zur Anzeige. Die Opferinformationen der Polizei klären dich darüber auf, was die Polizei tun kann, welche Rechte du hast und wo du weitere Hilfe und Unterstützung finden kannst.

Tipp 7: Psychologische Beratung

Wenn du eine für dich schmerzhafte und schlimme Erfahrung mit sexueller Belästigung gemacht hast, kann es sein, dass sie dich noch lange nach dem Erlebnis beschäftigt. Wenn du noch Empfindungen oder Gedanken mit dir trägst, kannst du dich zunächst an nahestehende Personen wenden und in weiterer Folge (Frauen-) Beratungsstellen oder über dein*e Allgemeinärzt*in eine psychologische Betreuung aufsuchen.

Initiative Edelgard

Die Initiative Edelgard ist ein Zusammenschluss von Beratungsstellen und Verbänden in Köln zum Schutz von Mädchen und Frauen vor sexualisierter Gewalt. Die Initiative bietet neben schützenden Maßnahmen auch erste Unterstützungen nach Übergriffen.

Du erreichst auf der Notfallhotline von Edelgard immer eine Beraterin und speziell an Karneval hat die Initiative ein Beratungstelefon eingerichtet, das du zur Weiberfastnacht und am Rosenmontag von 11:00 – 1:00 Uhr sowie Freitag, Samstag und Sonntag von 20:00 – 1:00 Uhr unter 0221 / 221-27777 erreichst.

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