Endlich wieder Präsenzunterricht an der Uni! Das ist immerhin die große Hoffnung für das kommende Wintersemester, nachdem die meisten Studis in den letzten beiden Corona-Jahren die Tücken des Distance-Learnings kennenlernen durften. Wenn du dich ab dem ersten Oktober wieder auf den Weg zum Campus machst, solltest du allerdings ein Paar dicke Socken, Mütze, Schal und Handschuhe einpacken. Denn es ist gut möglich, dass die Seminarräume kälter ausfallen, als du es in Erinnerung hast. Das hat nichts mit einem erkalteten Herz des Hochschulbetriebs zu tun. Grund sind die Energiesparpläne der Unis für das Wintersemester 2022.
Konkrete Energiesparpläne in Berlin
Die drohende Energiekrise macht leider auch vor den deutschen Hochschulen nicht Halt. Damit der geplante Präsenzunterricht wie geplant stattfinden kann, werden aktuell jede Steckdose, Heizanlage und Raumplanung auf Möglichkeiten zum Stromsparen geprüft.
Die drei größten Unis in Berlin setzen bereits einige Maßnahmen um. Die Humboldt-Universität (HU) prüfe gerade, ob eine niedrigere Raumtemperatur sowie eine eingeschränkte Nutzung in ihren Gebäuden machbar seien. Auch eine eingeschränkte Nutzung in ihren Gebäuden oder das Abstellen von warmem Wasser aus dem Wasserhahn seien im Gespräch, erklärte ein Sprecher. In der vorlesungsfreien Zeit wurden die Belüftungsanlagen in nicht genutzten Räumen bereits ausgeschaltet. Wie viel Strom diese Maßnahmen konkret einsparen, ist bisher unbekannt.
Einen ähnlichen Weg geht die Technische Universität (TU), wo man das warme Wasser ab- und die Temperatur nach unten gedreht hat. Geplant sei eigenen Angabe zufolge auch eine Zusammenlegung der Computer-Server, um weniger Räume klimatisieren zu müssen. Und es wird noch düsterer. Bei der Außenbeleuchtung soll ebenfalls Energie gespart werden. Ein Lichtblick: Die Uni-Öffentlichkeit soll mit ihren Ideen für weitere Schritte mitreden dürfen.
Die Freie Universität (FU) ist noch in der Brainstorm-Phase. Eine extra eingerichtete Arbeitsgruppe grübelt zurzeit über das weitere Vorgehen. Erfahrung beim Stromsparen hat die FU aber schon. Seit mehreren Jahren nutzt die Uni ein eigenes Blockheizkraftwerk und eine Fotovoltaikanlage. Im vergangenen Jahr habe man so bei Energiekosten von 12,8 Millionen Euro rund sechs Millionen einsparen können – sehr beeindruckend!
Alle drei Universitäten der Hauptstadt wollen ihren Studierenden so viel Präsenz wie möglich anbieten und dabei so viel Strom sparen, wie es geht. Onlineunterricht will man vermeiden.
Studentenwerk: Auch Wohnheime müssen sparen
In den Wohnheimen des Studierendenwerkes Rostock-Wismar wird ebenfalls überlegt, wie man gut durch den Winter kommt. So wird darüber nachgedacht, die Temperatur in der Nacht und in den Fluren herunterzuregeln. Damit die Wichtigkeit des Themas nicht nur von oben nach unten gereicht wird, soll eine Energiesparkampagne die Studis sensibilisieren.
Höhere Kosten lassen sich offenbar trotzdem nicht vermeiden. Am Anfang des Wintersemesters soll der Preis für ein Zimmer, das jetzt im Schnitt 260 Euro kostet, um 10 Euro steigen. Anfang des kommenden Jahres wird voraussichtlich eine weitere Erhöhung um 25 bis 50 Euro folgen. Für die meisten Studis eine empfindliche Erhöhung. Das Studierendenwerk rechnet 2023 mit Mehrkosten von rund 1,1 Millionen Euro.
Im hessischen Gießen ist man noch nicht so weit: “Aktuell stehen keine Änderungen unserer Leistungen für Studierende aufgrund der Energiekrise im Raum”, heißt es beim Gießener Studentenwerk. “Wir beobachten die bundes- und vor allem hessenweit diskutierten Erwägungen zu möglichen Einschränkungen in der Hochschullandschaft natürlich sehr genau und durchaus mit Sorge. […] Sollte es zu Teil-Schließungen kommen, wären davon unter Umständen auch unsere gastronomischen Einrichtungen betroffen”, so die Sprecherin.
“Steigende Energiekosten, Umsatzeinbrüche im Zuge der pandemiebedingten Mensa-Schließungen sowie die Auswirkungen einer immer noch vergleichsweise geringen Präsenz der Studierenden an den Hochschulen erfordern eine Verbesserung der Einnahmesituation”, Sprecherin des Studentenwerks Frankfurt.
“Gleichzeitig schlagen höhere Kosten beim Wareneinsatz durch steigende Einkaufspreise zu Buche. Etwaige Erhöhungen der Preise und Mieten sowie der Sozialbeiträge werden derzeit geprüft und vorbereitet, um dies im Herbst 2022 in unserem Verwaltungsrat beraten und entscheiden zu können.” Man beton aber: “Bei alledem werden wir darauf achten, dass unsere Leistungen für Studierende weiterhin sozialverträglich bleiben und damit ein bezahlbares Studium ermöglicht wird.”
Das Deutsche Studentenwerk und die Hochschulrektorenkonferenz hatten schon im Juli an Bund und Länder appelliert, dafür Sorge zu tragen, dass der Hochschulbetrieb und die sozialen Angebote im Wintersemester 2022/23 auch bei einer möglichen Energie- und Gasknappheit grundsätzlich aufrechterhalten werden können. “Die rund 2,9 Millionen Studierenden müssen zudem bei möglichen staatlichen Hilfen gegen Inflation und Energiepreis-Krise unbedingt berücksichtigt werden”, forderten die beiden Einrichtungen in ihrer gemeinsamen Mitteilung.
Kreative Energiesparpläne der Unis
Kältere Seminarräume und Hörsäle sind jedoch nur eine der Möglichkeiten, um der drohenden Energiekrise entgegenzuwirken. Die Justus-Liebig-Universität (JLU) in Gießen will beispielsweise die Zeiten ihrer Labornutzung anpassen und die Außenbereiche auf dem Campus kürzer beleuchten. Auch soll die Uni in der ersten Januarwoche durchgehend geschlossen bleiben.
“Wir hoffen, mit dieser Maßnahme ganze Gebäude für diese überschaubare Zeitspanne stilllegen zu können”, erklärte eine Sprecherin. Außerhalb der vorlesungsfreien Zeit soll es aber keine Schließungen geben. “Die digitale Lehre hat ihre Grenzen, und wir halten es für falsch, das Energieproblem in den privaten Bereich zu verlagern – weder zu den Beschäftigten noch zu der finanziell schwächsten Gruppe an der JLU, den Studierenden.”
In der Fachhochschule University of Applied Sciences in Frankfurt wäre sogar die Verlängerung der Weihnachtspause denkbar. Ihr soll eine entsprechend längere Vorlesungszeit im Frühjahr 2023 folgen.
Mitarbeitende wurden bereits darum gebeten, Licht bei längerer Abwesenheit auszuschalten sowie Laptops, Drucker und Kopierer nicht im Standby-Modus zu lassen.
Für den Fall, dass das Gas tatsächlich knapp werden sollte, hat die Philipps-Universität in Marburg Notfallpläne erstellt, die kritische Infrastrukturen wie Rechenzentren, Tierhaltung und Labore mit erhöhten Sicherheitsanforderungen absichern.
Jährlicher Stromverbrauch einer Kleinstadt
Die Universität Rostock plant eine Senkung der Temperatur in Hörsälen und Büros um ein Grad, was unter dem Strich sechs Prozent Energie sparen soll. Angst vor einem kompletten Ausfall der Heizung müsse man aber nicht haben. “Die Hanse- und Universitätsstadt Rostock und somit auch die Universität Rostock sind für eventuelle Versorgungsunterbrechungen in der Gaslieferung gut aufgestellt”, hieß es. Man könne auf drei Kraftwerke mit jeweils unterschiedlichen Energieträgern sowie einem Energiespeicher zurückgreifen.
Auch andere Hochschulen in Schleswig-Holstein, etwa die Universität Greifswald und die Hochschule Neubrandenburg, wollen die Raumtemperatur senken. Frei nach dem Motto: Lieber mit Pulli in der Uni als im Pyjama zu Hause. “Die Hochschule Neubrandenburg wird alles daran setzen, den Präsenzbetrieb für die Studierenden nach Möglichkeit aufrechtzuerhalten”, erklärte der kommissarische Kanzler Gunnar Wessel.
“Heute liegen die Mehrkosten für die Energieversorgung unserer Universität im Vergleich zum Vorjahr bei über zehn Millionen Euro – Tendenz steigend. Das entspricht rund sieben Prozent unseres jährlichen Gesamtbudgets”, macht ein Sprecher der Technischen Universität (TU) Kaiserslautern die Relationen bewusst. Der jährliche Bedarf ist vergleichbar mit dem einer Kleinstadt mit 16.000 Einwohnern.
Bayern: Präsenzunterricht in Gefahr
In Bayern blick man skeptischer auf das kommende Wintersemester. Der Präsenzbetrieb sei wegen der Unsicherheit bei der Wärme- und Stromversorgung in Gefahr. Der Grund sei die niedrige Priorisierung von Hochschulen im Falle einer Energieknappheit. Die Hochschule Wismar erklärte: “Derzeit sind wir als nicht schützenswerter Letztverbraucher eingestuft, insofern bleibt abzuwarten, wie sich das Thema Gasversorgung entwickeln wird.”
Der Winter bringt für uns alle ganz neue Herausforderungen mit. Damit du finanziell nicht in eine totale Schieflage gerätst, haben wir nützliche Spartipps während des Studiums für dich. Du bekommst deine Finanzen nicht gut in den Griff? Diese Apps könnten dir bei der Organisation helfen!