Verarmt, vereinsamt und verunsichert: Studi-Umfrage ernüchtert

Fast jeder zweite in Deutschland studierende Mensch ist laut dem Statistischen Bundesamt armutsgefährdet. Das schürt viele Ängste und sorgt für Unsicherheiten. Hinzu kommen diverse Krisen. Unsere Umfrage zeichnet ein düsteres Bild.

300 Studierende haben in der jüngsten nicht repräsentativen Captain Campus Umfrage erzählt, was ihnen aktuell am meisten Sorgen macht. Und leider mangelt es nicht an Gründen, warum man sich als Studi heute um viele Dinge einen Kopf machen muss. Demnach sind finanzielle Sorgen bei weitem nicht die einzigen Belastungen, mit denen ihr gerade klar kommen müsst. Auch die Pandemie, der Ukraine-Krieg und die längst um uns herum stattfindende Umweltkatastrophe wirken sich negativ auf das Studium und die Psyche aus.

Die finanzielle Situation von Studierenden ist katastrophal

Wie das Statistische Bundesamt erst letzte Woche mitteilte, waren im vergangenen Jahr gut DREI VIERTEL (76,1 %) aller alleine oder in einer WG wohnenden Studierenden armutsgefährdet. Diese Zahl muss man sich in einem der reichsten Länder der Welt mal auf der Zunge zergehen lassen. Vorsicht vor dem Brechreiz!

Das spiegelt sich auch in euren Antworten wieder. So gaben 54,7 % der Befragten an, sich sehr stark oder stark Gedanken darum zu machen, ob man sich künftig problemlos mit Lebensmitteln wird eindecken können. Lediglich 3,3 % gingen davon aus, sich auch künftig Lebensmittel problemlos leisten zu können.

Das Elend der Welt bei einem liebsten Hobby vergessen? Dürfte schwierig werden. 53,4 % gehen nicht oder überhaupt nicht davon aus, die eigenen Hobbies und Freizeitaktivitäten zukünftig uneingeschränkt ausüben zu können.

31,6 % gehen nicht davon aus, sich künftig die eigene Wohnung oder das eigene WG-Zimmer leisten zu können. 47,6 % machen sich einen Kopf darum, überhaupt eine Wohnung für das Studium zu finden

Klar, dass der eigene BAföG-Antrag oder sonstige Förderungen angesichts dieser Zustände besonders wichtig sind. Über die Hälfte (54,1 %) sorgt sich entsprechend um die aktuellen Anträge.

Corona mehr Thema bei anderen

Immerhin scheint die Angst vor der Pandemie kein großes Thema zu sein. Zumindest wenn es euch selbst betrifft. Nur 27,3 % haben Sorge, sich anzustecken. Für 54,4 % ist es kaum oder gar kein Thema. Anders sieht es im eigenen Umfeld aus. 48,2 % sorgen sich darum, dass jemand aus ihrem Umfeld erkranken könnte.

Studi Sorgen: corona

Das Studium leidet unter dem Weltgeschehen

Dass all das nicht spurlos an einem vorbei geht, dürfte klar sein. So überrascht es auch nicht, dass gut die Hälfte der Befragten (51,5 %) davon ausgehen, dass sich die aktuellen Krisen negativ auf ihr Studium auswirken werden.

Einsamkeit im Studium ist auch ein Thema. 36,1 % haben Sorge davor, keine Freunde an der Uni zu finden. 43% haben jetzt schon ein Problem mit ihrer Einsamkeit. [Besonders für queere Erstis haben wir hilfreiche Tipps, wie man an der Uni schnell Anschluss findet.]

Beim Thema Home-Studying gehen die Meinungen auseinander. 37,8% von euch sind zuversichtlich, dass es im Wintersemester 2022 nicht passieren wird. 37,2 % macht die Aussicht auf geschlossene Unis und Lernen vor dem Laptop dagegen Sorgen.

Bei all den Problemen leidet die Studi-Psyche

Erschreckende 80,7 % machen sich sehr starke oder starke Sorgen um zunehmenden Stress. Wir möchten an dieser Stelle dringend darauf appellieren, dass ihr euch bei psychischen Problemen rechtzeitig Hilfe sucht! Denn 48,8 % machen sich konkrete Sorgen vor einer Depression. 61,9% sind oft mit der Gesamtsituation überfordert. Zahlen, die uns wirklich traurig machen.

Studenten Sorgen: Überforderung und Depression

Einige Artikel, die eurem geistigen Zustand und bei zu viel Stress helfen können:

Politische Sorgen

Die politische Lage der Welt bietet leider auch keinen Grund zur Freude. 72,3% befürchten, dass der Krieg in der Ukraine weiter eskalieren könnte. 59,3% machen sich Sorgen um den Zustand unserer Demokratie.

Was tun?

Angesichts dieser Ergebnisse bleibt ist ein positiver ausblick schwer. Die junge Studi-Generation muss auf viele negative Entwicklungen der Welt reagieren. Fest steht – ihr macht euch einen Kopf und seid nicht gleichgültig. Und genau da könnte unsere größte Hoffnung stecken. Denn solange euch die Welt, euer Umfeld und ihr selbst nicht egal sind, könnt ihr aktiv etwas bewirken.

Eure Stimmen

Am Ende möchten wir einige Stimmen von euch anonym zitieren:

Ich mache mir Sorgen um alle Menschen, Tiere und um die Welt. Wir sollten alles bewusster erleben und leben lassen – Tiere und Pflanzen.


Rechte Idioten, Querdenker, dass es noch keine Maskenpflicht gibt im Studium und es sehr unwahrscheinlich ist, trotz steigender Zahlen und eindeutiger Möglichkeit ins Home-Studying zu gehen obwohl es sehr hilfreich und entlastend wäre, oder wenn es wenigstens hybrid geben würde. Dazu noch: Situationen in Zügen, Menschen mit mehr Meinung als Wissen.


Zustand der Gesellschaft, hinzu immer extremeren, verfestigten Positionen.


Ich wünsche mir dass die deutsche Studierenden mehr in Kontakt mit außerschulischen Studierenden in Kontakt zu kommen. Auch mit den Studierenden die älter als 35 Jahre Alt.


Strom- bzw. Energieversorgung macht mir große Sorge und das ich mir diese ohne eine Nebenbeschäftigung nicht mehr leisten kann 🙁


Wenn die finanzielle Situation der eigenen Familie schwach ist, dann kann man leider nicht bei finanziellen Engpässe unterstützt werden und hat dann Geldsorgen. Das Bafög Amt ist bei der Bearbeitung leider auch nicht immer schnell, auch wenn man seine Anträge früh genug und vollständig abgibt.


Dass meine Papa und Freund die Ukraine nicht verlassen dürfen.


Ich vermisse meine Familie. Sie leben im Ausland und dürfen nicht das Land verlassen. Ich darf aber auch nicht in das Land fliegen 🙁


Angst erneut obdachlos zu sein und es nicht raus zu schaffen.


Ich habe Angst vor den zunehmenden Kosten (in allen Bereichen). Ich weiß nicht wie ich mir mein Leben finanzieren soll, ohne zusätzliche Hilfe (bsp. Bafög). Keine der Hilfestellen nimmt mich wahr.


Das studierende oft außer acht gelassen werden und ihr Leben kaum mehr finanzierbar ist!


Der Konflikt im Iran.


Ich mache mir Sorgen das Studium nicht in Regelstudienzeit zu bestehen und ohne BAföG müsste ich neben dem Studium arbeiten und ich bin mir sicher, dass ich das nicht beides gleichzeitig schaffe.


Zunehmende Radikalisierung, Angst vor Umschwung in Rechte Mehrheiten.


Der Druck den das Bologna-System mit sich bringt steht in keinem Verhältnis zu den zurückgebliebenen menschlichen Bedürfnissen in der Corona-Zeit. Schon vorher war das Bachelor-/Mastersystem überfordernd und hat zu Isolation, Burg-out und Depressionen bei Studierenden geführt. Ich habe wie viele andere sicher das Gefühl in den letzten zwei Jahren viel verpasst zu haben und meine psychische Gesundheit hat stark gelitten. Ich bräuchte eigentlich mehr Zeit im Alltag um dort wieder einen Ausgleich zu erreichen. Stattdessen sind die Anforderungen im Studium noch extremer geworden durch online-Lehre und mangelnden Kontakt mit meinen Kommiliton_Innen. Ich fühle mich oft am Rande der Verzweiflung den Ansprüchen des Studiums noch gerecht zu werden. Und jetzt kann ich mir meinen normalen Einkauf nicht mehr leisten und muss große Abstriche machen und für die kommende Nebenkostenabrechnung sparen. Eigentlich brauche ich wieder einen Job, aber ich weiß hinten und vorne nicht wo ich den bei meinem 60h- b.Sc. Studium und meinen menschlichen Bedürfnissen noch unterbringen soll.

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