Es ist zum Heulen: Da möchte man endlich von zu Hause ausziehen, die Welt selbstständig kennenlernen und eigene Erfahrungen machen. Aber der Markt für Studierendenwohnungen gibt einfach nichts Bezahlbares her. Früher lautete die Alternative für Studis – ein Platz in einer WG. Nette Leute um sich haben, gemeinsame Aktivitäten und ein günstiges Zimmer.
Doch auch das gehört in den meisten deutschen Großstädten mittlerweile der Vergangenheit an. Denn 2022 sind die Preise wieder explodiert, wie eine aktuelle Untersuchung des Moses Mendelssohn Instituts (MMI) in Kooperation mit dem Immobilienportal WG-Gesucht.de kürzlich herausfand. Dafür hat man sich in der zweiten Hälfte von August 2022 die Zimmer-Angebote des WG-Vermittlungsportals in 95 deutschen Hochschulstädten mit mindestens 5.000 Studis angeschaut.
Studierendenwohnung: Eine neue Preisspirale mit offenem Ausgang
Das unschöne Ergebnis: Ein WG-Zimmer hat in einer deutschen Unistadt Anfang 2022 im Schnitt rund 414 € gekostet. Das ist ein durchschnittlicher Anstieg von ganzen 16 Prozent im Vergleich zum Wintersemester 2017. Regional geht die Schere noch weiter auseinander. In Berlin betrug die Steigerung 18,5 Prozent innerhalb nur eines Jahres! Rostock und Leipzig wurden um 12 Prozent teurer als noch 2021.
Während man 2020 für ein vergleichbares Zimmer 400 € bezahlen musste, fiel der Preis 2021 coronabedingt sogar auf 391 € Warmmiete mit allen Nebenkosten. Dieser Effekt wird sich sehr wahrscheinlich umkehren, denn da 2022 die Uni wieder in Präsenz stattfinden soll, suchen erneut viele Studis einen Platz in Uninähe oder zumindest einer günstigen Verkehrsanbindung.
Leider ist davon auszugehen, dass der errechnete Durchschnitt von 414 € nur am Anfang einer neuen Preisspirale steht. Denn die steigenden Energiekosten sind dort noch nicht eingerechnet. Und gerade die belasten Studierende überproportional zum Rest der deutschen Bevölkerung. „Viel deutet darauf hin, dass dies nur der Anfang einer deutlichen Preissteigerungswelle beim studentischen Wohnen ist, verstärkt durch steigende Energiepreise, welche hier überproportional wirken„, bestätigt Stefan Brauckmann, geschäftsführender Direktor des MMI.
Die günstigsten und teuersten Wohnungen für Studis 2022
Laut der aktuellen Studie müssen Studierende zurzeit in München am meisten für eine Musterwohnung von 30 qm hinblättern. Wahnwitzige 787 € sind dort im Schnitt fällig. Eine Summe, für die man in anderen Teilen des Landes bereits eine Wohnung für eine Kleinfamilie problemlos bekommen könnte. Mit 786 € belegte Stuttgart den zweiten Platz, gefolgt von Berlin mit 718 €.
Unsere Leser*innen können bei diesen Zahlen vermutlich nur verbittert lachen. Denn die wenigsten haben das Geld, um sich diese Wohnungen ein ganzes Studium lang leisten zu können. So bitter es auch klingen mag: Die Preise für Studierendenwohnungen werden für viele ein Ausschlusskriterium sein, wenn es um die Wahl einer Universitätsstadt geht. Eine gefährliche Entwicklung für die Chancengleichheit bei der akademischen Bildung.
Auch erzeugt diese Preisentwicklung einen starken Druck bei der Dauer des Studiums. Einige Semester extra für die Studi-Life-Balance dürften für die meisten nicht mehr drin sein, was das Phänomen Fließbandstudium leider noch weiter verstärken dürfte.
Die günstigsten WG-Mieten wurden Ende Januar 2022 indes meist im Osten Deutschlands gemessen. So kostete ein WG-Zimmer in Cottbus im Schnitt 230 €, in Chemnitz waren es 256 € und in Wismar 270 €.
Studierende konkurrieren um Wohnraum
Leider müssen Studis mittlerweile mit diversen anderen Bevölkerungsgruppen um bezahlbaren Wohnraum konkurrieren. So bestehen deutsche Großstädte zu großen Teilen aus Single-Haushalten. In Hamburg sind es beispielsweise 50 Prozent. „Jetzt kommt noch hinzu, dass sich viele beim Wohnen beschränken wollen, um Energie zu sparen. Oder Leute aus dem Umland ziehen wegen Mobilitätskosten -Stichwort Spritpreise- in die Stadt. Familien und Paare, die bisher nach Eigentumswohnungen gesucht haben, könnten sich das wegen der hohen Zinsen nicht mehr leisten, auch das führt zu noch mehr Konkurrenz für die Studierenden„, erklärt Studienleiter Michael Voigtländer vom Institut der deutschen Wirtschaft.
Auch hier hat die Pandemie ihre Spuren hinterlassen. Studierende sind in den vergangenen beiden Jahren nicht in die Unistädte gezogen, sodass die Vermieter*innen auf Familien ausweichen mussten. Diese WG-tauglichen Studierendenwohnungen sind nun nicht mehr auf dem Markt.
Wenn du nicht mehr weiter weißt, solltest du dich um einen Wohnheimplatz des Deutschen Studentenwerks bewerben. Aktuell sind diese Einrichtungen zwar überlaufen, aber du kannst dich auf die Warteliste setzen und auf dein Glück hoffen.
Auch um einen Studijob wirst du sehr wahrscheinlich nicht umhinkommen. Wie wäre es mit einem Platz im Fitnessstudio, als Fahrradkurrier*in oder in der Freizeitassistenz? Übrigens ist Foodsharing ebenfalls ein guter und nachhaltiger Weg, um dein Konto und die Umwelt etwas zu entlasten.